Gerne möchte ich die Gelegenheit nutzen, meine Eindrücke vom University Future Festival zu schildern, das noch bis Freitag an verschiedenen Orten in Deutschland stattfindet.
Zunächst einmal gibt es keinen Zweifel: Der Dialog über die Zukunft der Bildung ist wichtig und der Ort, den ich heute in Berlin gesehen habe, war offen, kreativ und durchdacht. Also ein Muss für alle Mutigen unter uns.
Unser Meetup zum Narrativ und Mythos Future Skills war sehr gut besucht, dank meiner Kollegin Wibke Matthes Leiterin Bereich Schlüsselkompetenzen von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, die ein aktives Power-Netzwerk betreibt.
Generell war mein Eindruck, dass wir Themen wie
- der Verfall des Humboldt’schen Prinzips an den Universitäten, thematisiert von Steve Fuller
- die Ausbildung von Querschnittskompetenzen (z.B. Schlüsselkompetenzen, Future Skills)
schon sehr, sehr lange diskutieren, aber es folgen keine Taten. Mein geschätzter Kollege Sebastian Dippelhofer von der Philipps-Universität Marburg, der aus der empirischen Bildungsforschung kommt, bestätigte meinen Gedanken. Seinem Wissensstand zu Folge, beschäftigen wir uns schon seit 1960 und noch einmal verstärkt in den 1980er Jahren mit Querschnittskompetenzen. Aber diese werden nicht verpflichtend in der Lehre und auch nicht in den Curricula verankert. Obwohl sich alle einig sind – einschließlich umsorgender Eltern von Kindern – dass wir alle diese Querschnittskompetenzen wie Resilienz, Veränderungs-, Lern- oder Kommunikationskompetenz als Menschheit benötigen, um handlungsfähig zu sein.
Wie kann das sein? Warum reden wir mehr über Veränderung und tun nichts? Seit über 60 Jahren?
Leute, wacht auf – tut etwas. Jeder Professor hat die Freiheit der Lehre und Forschung – das ist ein hohes Gut, das bleiben sollte – und trotzdem müssen wir dafür sorgen, dass unsere nachwachsenden Fach- und Führungskräfte in der Lage sind, komplexe Probleme zu lösen und Krisen zu bewältigen. Das geht nur, wenn ihre Persönlichkeit bereits in der Schule und ihre Veränderungs-, Innovations- und Digitalkompetenz etc. während des Studiums gestärkt werden. Eigenen Angaben von Professoren aus Deutschland zu Folge werden die genannten Future Skills allerdings in weniger als 25% der Fälle im Rahmen von rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen bzw. im Rahmen der Sozialen Arbeit ausgebildet (CHE-Studie 2023). Es kann nicht sein, dass die Wirtschaft laut Kienbaum-Studie von einem Skill-Gap von bis zu 59% ausgeht.
Also keine Ausreden mehr, wir brauchen Experten aus unserem U:FF Meetup zu Folge:
- ein breites Angebot an Future Skills Wahlfächern für die Wissbegierigen
- verpflichtende Future Skills Weiterbildungen für alle Professoren
- regelmäßige informelle Community-Treffen zwischen Professoren, Studierenden und der Praxis
- kürzere Anpassungszyklen für Curricula und Veranstaltungen
- eine Kollaborationsplattform, auf der Fehler, Erkenntnisse und Dokumente verpflichtend hochgeladen und bewertet werden
- Lernräume, in denen experimentiert und ausprobiert werden kann und die Lehrenden und Studierenden die Angst nehmen, sich vom Skript zu lösen
- erlebbare Erfahrungsräume, indem sinnvolles und freudvolles Lernen ermöglicht wird
- die Reflexion und Anpassung von Einstellungen
- die Möglichkeit zum problemorientierten Lernen mit der Gesellschaft, Politik und Wirtschaft
- die Messung des Kompetenzerwerbs im Rahmen von Future Skills Aktivitäten
Was für tolle Ideen, die könnte man doch gleich umsetzen, oder? Was denkt Ihr? Hinterlasst mir gerne Eure Gedanken in den Kommentaren.




